Was bedeutet der Anfangsverdacht im Strafrecht?
Nach § 91 Abs 1 StPO dient das Ermittlungsverfahren dazu, den Sachverhalt und den Tatverdacht durch Ermittlungen soweit zu klären, dass die Staatsanwaltschaft über Anklage bzw Strafantrag, Rücktritt von der Verfolgung oder Einstellung des Verfahrens entscheiden kann. Dabei ist die Ermittlung, jede Tätigkeit der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts, die der Gewinnung, Sicherstellung oder Auswertung oder Verarbeitung einer Information zur Aufklärung des Verdachts einer Straftat dient.
Die bloße Nutzung von allgemein zugänglichen oder behördeninternen Informationsquellen, sowie die Durchführung von Erkundigungen zur Klärung, ob ein Anfangsverdacht nach § 1 Abs 3 StPO vorliegt, stellen keine Ermittlung in diesem Sinn dar.
Zweck letztgenannter Bestimmung ist der Schutz einer angezeigten Person davor, ohne Anlass Objekt eines Strafverfahrens zu werden und Schutz vor der öffentlichen Brandmarkung, obwohl gar kein konkreter Tatverdacht vorliegt.
Demzufolge können im Stadium vor dem Beginn des Strafverfahrens nur Erkundigungen minderer Intensität stattfinden, mit denen etwa bloße Grundlagen für eine erst in weiterer Folge stattfindende Auseinandersetzung mit dem Anzeigesachverhalt stattfinden sollen.
Hat die Staatsanwaltschaft und oder die Polizei allerdings Personen direkt mit der vom Anzeiger geäußerten Verdachtslage konfrontiert und solcher Art eine über die genannte Schwelle hinausgehende Aufklärungstätigkeit entfaltet, hat sie unwiderlegbar ein Ermittlungsverfahren in Gang gesetzt.
§ 91 StPO
§ 1 Abs 3 StPO
OGH vom 28.4.2022, 12 Os 10/22w
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*** Update vom 17.01.2024:
Rechtsanwalt Mag. Normann Hofstätter, MBA, Verteidiger in Strafsachen vertritt Sie vor dem Landesgericht Eisenstadt, Landesgericht Korneuburg, Landesgericht St. Pölten und vor dem Landesgericht in Linz.